Einst und jetzt.

Von Freiherr von Schlicht
in: „Reclams Universum” XVII. Jhrgg., 2. Halbband, Spalten 1951 - 1962 (Heft 34)


Ein Zufall führt mir ein altes, in Schweinsleder gebundenes Buch in die Hände, es führt den umständlichen Titel;

Einst und jetzt.jpg

Ich blättere in dem alten Buch und je länger ich es thue, desto mehr wird mein Interesse wach gerufen, denn was aus den Seiten zu uns spricht, sind nicht nur die alten Kommandos, sondern zugleich ein Stück Kultur- und Sittengeschichte. In kurzen, oft sehr kernigen Worten schildern die verschiedenen Artikel die ganzen damaligen militärischen Verhältnisse — auch für weitere Kreise dürfte ein Vergleich zwischen dem Einst und Jetzt nicht ohne Interesse sein. Ich greife einiges besonders Charakteristisches heraus.

„Die Stabs-Officirs nebst dem Adjutanten sollen, sobald die Compagnie mit den Fahnen marchiret, zu Pferde mit herausreiten und nicht wie bißheer erst bey daß Regimento der Bataillon herauskommen, wenn schon die Compgnieen auf dem Exercirplatz stehen.”

War die Truppe auf dem Platz angekommen, so konnte das exerzieren beginnen, aber so einfach, wie es jetzt bei uns zugeht, war der Anfang des Exerzierens nicht. Jetzt heißt es: „Regiment — Bataillon stillgestanden.” Wie es früher zuging, lehrt im II. Teil, im ersten Titul, der erste Artikle.

„der Obriste kommandirt: ,Preesentirt das Gewehr! Das Gewehr auf die Schulter! Herr Obrist-Wachtmeister, das Bataillon soll exerciren!' ”

Alsdann der Major vom rechten Flügel nach der Mitte vor das Bataillon galoppiret, 50 Schritte vom Bataillon halten bleibet und commandiret:

„Das Bataillon soll exerciren!”

Weiter heißt es: „Es muß zuvorderst woll darauff gesehen werden, daß, so offt ein Kerl unter Gewehr, und absonderlich auf dem Exercir-Platze ist, sich bon air gebe, nemlich den Kopf, Leib und Füsse recht und ungezwungen halte und den Bauch einziehe.”

„Das schönste im gantzen Exerciren und Marschiren,” lehrt ein weiterer Artikel, „ist, wenn ein Kerl sein Gewehr gut träget.”

„Und Seine Königl. Majestät wollen sich hierinn an die Obristen und Commandeurs der Regimenter und Stabs-Officirs halten, wenn ihre Regimenter und Bataillions nicht das Gewehr gut tragen werden.”

„Das erste im Exerciren muß sein,” heißt es an anderer Stelle, „einen Kerl zu dressiren und ihm das air von einem Soldaten beyzubringen, daß der Bauer heraus kommt.”

Auch damals schon scheint das Rekrutenexerzieren kein Vergnügen gewesen und das Gelernte oft nur zu schnell wieder vergessen worden zu sein, wenigstens handelt ein ganzer Titul davon: „Wie denen leuten das Exerciren am leichtesten zu lernen und ein Regiment an Ordre zu bringen ist, ohne die Leute zu fatiguiren.”

„Es haben,” heißt es, „Seine Königliche Majestät Höchstmißfällig wahrgenommen, daß einige Regimenter, wenn sie bey einer Revüe in Ordre gewesen, nachher nicht in Ordre geblieben, sondern bald wieder in Desordre gekommen sind. Weshalb Se. Königl. Majestät vornötig befunden haben, denen Regimentern zu zeigen, wie sie nicht allein allezeit in Ordre bleiben, sondern auch, wenn sie im Winter etwa daraus gekommen sind, die Compagnien, Bataillons und das Regiment bald wieder in Ordre bringen können, ohne die Leute zu sehr zu fatiguiren.”

„Die vornehmste Ursache ist, daß eine Compagnie, Bataillon und Regiment, wenn es einmahl in Ordre gewesen ist, nicht darin beständig bleibet, weilen die Capitaines, auch wohl einige Stabs-Officirs, wenn der Exercir-Monaht vorbey ist, sich nicht Mühe genug geben, und es nicht recht anfangen, die Compagnien und Bataillons in Ordre zu halten, sondern es bis zum künftigen Execir-Monaht wieder aufschieben.”

Die Erfahrung hat bißheer gegeben, daß viel Subalternes Officirs bey denen Regimentern nur in Gegenwart ihrer Stabs-Officirs und Capitaines den Dienst sich angelegen sein lassen, hingegen, sobald sie allein kommandiret sind, sich wenig darum kümmern, ob ihre Leute ihren Dienst und das Exerciren recht thun oder nicht, ,ein solcher Officir soll Se. Majestät namhaft gemacht werden.' Zumahlen derjenige Officir, welcher sein Devoir nicht aus eigener Ambition thut, sondern zu seinem Dienst angehalten werden muß, nicht meritiret Officir zu sein.”

Die Stärke einer Compagnie der damaligen Zeit entspricht ungefähr unserer heutigen Compagnie; sie betrug 4 Ober-Officirs, 11 Unter-Officirs, 3 Tambours, 12 Grenadirs, 1 Zimmer Mann, 108 Mußquetirs, welche 27 volle Rotten ausmachen.

Heute steht die Infanterie nicht vier, sondern nur zwei Mann tief.

Wenn eine Compagnie einen Marsch ausführte: „so setzen sich die Officirs auf ihre Pferde, ein Officir aber von jedem Bataillon muß auf dem gantzen Marsche zu Fuße gehen, damit die Bataillons in égalem Marsche verbleibe und die Officirs können sich einer um den anderen ablösen.”

Damals war jeder, auch der jüngste Leutnant, dienstlich beritten. Zur Zeit der Freiheitskriege kam zuerst der Gedanke auf, daß die Infanterieoffiziere ebenso wie die Mannschaften zu Fuß marschieren sollten; aber dieser Vorschlag rief bei den Leutnants einen solchen Sturm der Entrüstung hervor, daß man während des Feldzuges alles beim alten ließ und erst später den Herren Leutnants die Pferde nahm.

„Die Weiber sollen sich auf dem Marsche bei den Bataillons nicht sehen lassen, sondern sollen durch den Generale-Profoß geführet werden und mit den Fourirs Schützen vorausgehen.” (Die Fourier-Schützen sind unsere heutigen Quartiermacher — so fand jeder in seinem neuen Quartier gleich sein Liebchen wieder vor.)

Bezog die Truppe während der Exerziermonate ein Lager: „so soll in einem Stand-Lager alle Tage Vor- und Nachmittag Betstunde gehalten werden und die Betstunden sollen Vormittag, sobald die Fähnlein Wacht aufgezogen, und Nachmittags, wenn es die Jahres Zeit zulasse, um 6 Uhr abgehalten werden.”

„Die Betstunden und des Sonntags die Predigten sollen allezeit gehalten werden, widrigenfalls dem Obristen oder Commandeur vom Regiment 30 Dukaten vor die Invalidenkasse abgzogen werden sollen.”

Alle vierzehn Tage wurde im Lager Abendmahl abgehalten, auch durfte kein neueingestellter Soldat den Fahneneid schwören, bevor er nicht das heilige Abendmahl genommen hatte. Die Vorbereitungen für den Eid waren also noch gründlicher als heute, dafür waren aber auch die Strafen sehr hart, wenn einer fahnenflüchtig wurde. Bei uns kommt ein Deserteur unter Umständen schon mit einer Strafe von sechs Monaten Gefängnis und der Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes davon, das alte Reglement sagt: „Ein Einheimischer Kerl soll, er mag freywillig angeworben sein oder nicht, Hand Geld bekommen haben oder nicht, zum ersten oder zweyten Mal desertiret seyn, wenn er wieder ertappet wird, ohne alle Gnade aufgehangen werden.”

„Wenn ein Kerl aus der Garnison weglauft, soll der Commandirende Officir auf allen Straßen zu Pferde und zu Fuß auch Steck-Briefe nachschicken, damit man, wo immer möglich, den Deserteur wieder bekommen möge.”

Es dürfte nicht allgemein bekannt sein, daß eine Waffengattung, die Husaren, extra ins Leben gerufen wurde, um hinter Fahnenflüchtigen Jagd zu machen. Zieten, der große Reitergeneral, der erste Husarenoberst, hatte, als er mit seiner Truppe in Berlin garnisonierte, gar keinen anderen Dienst, und ebenso grob wie charakteristisch sind die Briefe, die Friedrich der Große an Zieten schrieb, wenn es diesem nicht gelungen war, einen Fahnenflüchtigen einzuholen. Mehr als einmal fragt der König in seinen Briefen, wozu denn die Husaren eigentlich da seien. Die beste Antwort auf die Frage gab der Siebenjährige Krieg, in dem der König Zietens Husaren stets die besten Nachrichten über den Feind verdankte.

Die Soldaten, oder „die Kerle”, wie sie einfach genannt wurden, waren zu der damaligen Zeit ein teurer Luxusartikel, so gab man sich alle Mühe, um die Deserteure wieder einzufangen: „Die nachgeschickte Officirs und Commandos sollen auf allen Dörfern Alarme machen und die Bauern sollen die Sturm-Glocke ziehen lassen, auch in den nahe gelegenen Höltzern und Brüchen nach dem Deserteur suchen.” Wer von den Bauern oder Bürgern einen Fahnenflüchtigen gefangen nahm, bekam eine Belohnung von 12 Reichsthalern, die der Oberst des Regiments aus eigener Tasche bezahlen mußte. Weiter als eine viertel Meile durfte sich kein Soldat aus der Garnison ohne richtigen Paß entfernen — wer ohne Paß angetroffen wurde, galt als Deserteur. „Wenn ein Kerl wegläuft, aber nachgehends um Pardon schreibet, und wieder kommen will, alsdann der Obriste ihm Pardon schicken soll.”

Interessant ist auch das „Verboth wider das Dueliren unter den Officirs.” Es heißt da: „Es ist Sr. Majestät ernstlicher Befehl, daß die sämtlichen Officirs von der Armée mit einander sich wohl kempotiren und unnöthige Händel unter den Officirs gänzlich abgeschafft seyn sollen. Weshalb der General, Obriste und alle commandirenden Officiurs von einem Regiment, sobald sie erfahren, daß die Officirs dergleichen Händel unter einander gehabt haben, selbige augenblicklich in Arrest nehmen und Seiner Königlichen Majestät davon Bericht abstatten sollen — Worauf Seine Königliche Majestät denjenigen, welcher Ursach dazu gegeben hat, oder wenn sie beyde gleiche Schuld haben, auch alle beyde cassiren wollen.”

Wenn Händel mit Stockschlägen vorkamen, sollte der Offizier, der den Stock gebraucht hatte, infam cassiret sein.

„Weil aber nach der täglichen Erfahrung die mehresten Händel besoffener Weise geschehen, derhalben das Vollsaufen unter sämtlichen Officirs gäntzlich verbothen sein soll.”

Wenn alle Drohungen aber nichts nützten, so bekam der Offizier, der ein Verbrechen trunkenerweise begangen hatte, für sein Vergehen die doppelte Strafe, als wenn er sie nüchternerweise begangen hätte. Für ein Jahr Festung gab es deren zwei, „anstat cassiret, infame cassiret, anstat arquebusiret (erschossen) decolliret (enthauptet) und anstat decolliret aufgehangen werden.”

Man sieht, milde waren die Strafen, die auf einem Duell standen, gerade nicht.

„Wenn jemand in einem Duel oder Rencontre entleibet oder tötlich blessiret werden möchte, und der Thäter darauf echappiren thäte — als dann der commandirende Officir am Ort, wo die Entleibung oder tötliche Blessirung geschehen ist, auf allen Straßen Officirs und Unter-Officirs zu Pferde nachschicken soll, um den Thäter, wo immer möglich, in Arrest zu bringen.”

Wer aber den Thäter mit Willen echappieren ließ, der sollte dieselbe Exekution über sich ergehen lassen, die des Thäters harrte.

Der Urlaub ist eine angenehme Unterbrechung des Dienstes, und selbst der jüngste Leutnant des Regiments ist heutzutage unglücklich, wenn er nicht in jedem Jahr sechs Wochen Urlaub hat. Den Urlaub erteilt der Regimentskommandeur bis zu vierzehn Tagen, bis zu einem Monat die Brigade, bis zu sechs Wochen die Division. Will man längeren Urlaub, geht das Gesuch an das Generalkommando — nur bei Beurlaubungen auf ein Jahr oder bei Reisen in das Ausland muß das Gesuch Se. Majestät vorgelegt werden.

Das alte Reglement sagt darüber: „Der Obriste kann, wenn ein Oficir Urlaub haben will, selbigen auf 4 Tage verurlauben, länger aber kein Officir ohne Sr. Königlichen Majestät Permission verurlaubet werden soll. Wie denn auch kein Officir aus einer Provintz in die andere, nemlich aus Preussen nach Pommern, aus dem Magdeburgischen nach dem Cleveschen und so ferner, ohne Permission Seiner Königlichen Majestät verurlaubet werden soll”

Bat ein Offizier um Urlaub, so sollte der Obriste untersuchen, ob der Offizier nötig zu Hause zu thun hätte und in wie langer Zeit er seine Sachen zu Hause verrichten könne und dann ein Gesuch an den König einreichen: „ Wenn aber der Officir nur spatziren fahren will, soll der Obriste an Se. Königliche Majestät nicht schreiben, denn ein solcher Officir nicht beurlaubet werden soll.” — Niemals durften mehr als zwei Officirs per Bataillon auf einmal beurlaubt werden. „Und im 20ten Martii bis den 1. Junii (während der Exercir-Monahte) muß kein Officir auch nicht auf 4 Tage vom Regiment verurlaubet werden.”

Da haben die Offiziere es doch heutzutage besser.

Von den Unteroffizieren bekamen diejenigen, welche Edelleute waren, sowie die Tambours und Pfeiffer niemals Urlaub, die übrigen Unteroffiziere und Mannschaften konnten, wenn die Exerziermonate vorüber waren, teilweise auf Urlaub gehen. Jeder, der beurlaubt wurde, sollte eine neue „Mundierung” mitbekommen.

Jedem Soldaten wurden monatlich 8 Groschen für die Mundierung abgezogen, dafür bekam er in einem Jahr geliefert: 2 paar Schuhe à 1 Thaler 2 Gr., 2 paar Schuh-Sohlen à 6 Gr., 2 Hemden à 12 Gr., 1 Ober-Hemde zu 7 Gr., 1 paar Stiefeletten zu 12 Gr., 2 Rothe Halsbinden à 1 Gr. 3 Pfennig, 1 paar Leinwands-Hosen zu 7 Gr., 2 Haar Bänder à 3 Gr. 4 Pfennig. Das machte zusammen 5 Thaler, 6 Groschen, 2 Pfennig. Da dem Soldaten aber nur 96 Groschen gleich 4 Thaler abgezogen wurden, blieb er seiner Compagnie 1 Thaler, 6 Groschen, 2 Pfennig schuldig, die bei der Beurlaubung verrechnet wurden; denn ein Urlauber erhielt nur für 1 Thaler, 10 Groschen, 10 Pfennig Mundierung, so daß ihm 2 Thaler, 13 Groschen und 2 Pfennig zu gute blieben.

Jeder Soldat mußte auf Urlaub stets Uniform tragen, „weshalb, wenn ein Soldat in Bauer- oder Bürger-Kleidern bey der Arbeit befunden werden möchte, selbiger das 1te mahl 12, zum 2ten mahl 20mahl, zum 3ten mahl 30 mahl durch 200 Mann durch die Spieß-Ruthen lauffen soll.”

Mit dem Spieß-Ruthen lauffen lassen war man sehr freigiebig, selbst für geringe Vergehen war diese Strafe festgesetzt.

Zur Exekution formierte die Truppe sich in zwei Gliedern, die so dicht aneinander aufrückten, daß der Arrestant „zwischen durch die Spieß-Ruthen lauffen konnte.” Das Gewehr wurde in die linek Hand genommen.

„Sobald die Exekution formiret ist,” heißt es weiter, „geht der Profoß mit den Ruthen durch und ein jeder Soldat nimmt so viel Ruthen, als Arrestanten durchlauffen sollen. Hernach, wenn der Profoß durch ist, schlagen die Tambours vom linken Flügel einen Wirbel, der Arrestant laufft durch die Spieß-Ruthen und der Major galoppiret auf und nieder, damit die Bursche recht hauen.” Auch die Unteroffiziere hinter der Front „müssen Achtung geben, daß die Bursche recht hauen.”

Da wird denn der Sünder wohl die ihm zudiktierte Strafe mehr als reichlich in Empfang genommen haben.

An den Titul der Beurlaubung schließt sich der Titul: „Vom Verheyrathen der Officirs, Unterofficirs und Gemeinen.”

„Wenn ein Stabs-Officir oder Capitaine, welcher eine Compagnie hat, heyrathen will, soll er an Seine Königliche Majestät um Permission schreiben und Se. Königliche Majestät wollen, wenn die Parthie seinem Charachter convenable, und der Officir durch solche Heyrath sich helfen kann, solches zwar nicht abschlagen; Jedennoch es Seine Königliche Majestät lieber sehen werden, wenn ein Officir unverheyrathet bleiben will.”

„Den Subalternes Officirs soll gar nicht erlaubet seyn zu heyrathen, weshalb auch selbige bey Seiner Königlichen Majestät sich nicht melden sollen, es wäre denn, daß ein armer Officir sein sonderliches Glück durch eine Heyrath machen könnte.”

Den Unteroffizieren und Mannschaften durfte der Obriste den Trau-Schein geben, „der Capitaine hatte aber davor zu sorgen, daß ein solcher Kerl nicht blind hin heyrathe unbd dessen Braut nicht allzu pauvre sey, oder wenigstens durch ihre Arbeit sich ernähren kann, sonsten ein solcher Kerl hernach ruiniret ist.”

Jeder Kapitän hatte dafür zu sorgen, daß er höchstens nicht über ein „Drittel beweibter Kerls bey der Compagnie habe.”

Nach Ansicht vieler sind die unverheirateten Offiziere die besten Feldsoldaten — sie sind weniger verwöhnt und gewöhnen sich leichter an das Lagerleben; sie haben weniger Bedürfnisse und nehmen in das Feld weniger Bagage mit. Bei dem Titul „Wievil Equipage die Officirs zu Felde nehmen sollen” sieht man recht den Unterschied zwischen einst und jetzt. Ich werde das, was jetzt bei einem Krieg als Bagage mitgenommen werden darf, in Klammern setzen.

„Ein Obrist durfte mitnehmen: eine Chaise mit zwei oder zum höchsten vier Pferden, zwei Pack-Caleschen, sechs Pack-Pferde oder Esel und vier Reitpferde.

„Ein Oberstlieutenant eine Chaise mit zwei Pferden, eine Pack-Calesche, vier Pack-Pferde oder Esel und drei Reitpferde.”

(Ein zweispänniger Stabspackwagen für den Oberst, den Oberstleutnant und den Regiments­adjutanten zusammen, sowie im ganzen vier Handpferde.)

„Ein Major soll mit zu Felde nehmen: eine Pack-Calesche, vier Pack-Pferde oder Esel und drei Reitpferde.”

(Ein zweispänniger Wagen für den Major, den Adjutanten und sämtliche beim Bataillonsstab kommandierte Unteroffiziere und Mannschaften.)

„Ein Capitaine soll mit zu Felde nehmen zwei Pack-Caleschen, eine vor die Compagnie und die andere vor sich.”

Die Subalternes Oficirs sollen ein Reitpferd haben und ein Pack-Pferd.”

(Ein zweispänniger Wagen für den Hauptmann, die sämtlichen Offiziere der Compagnie und die Mannschaften.)

Weiter heißt es: „Es soll kein Officir mehr Equipage mit zu Felde nehmen und je weniger Equipage ein Officir mit sich führen wird, je lieber es Seiner Majestät sein wird.”

Der Wunsch Sr. Majestät verhinderte es aber nicht, daß die zustehende Bagage stets weit überschritten wurde, so nahm z. B. im Kriege 1806 ein Leutnant vom Regiment Möllendorf sein Klavier mit ins Feld.

Heute darf der Leutnant nur einen Koffer mit nehmen, der 69 cm lang, 34 cm breit und 28 cm hoch ist. Was darüber ist, wird einfach nicht befördert.

War man im Felde, so sollte des abends solide gelebt und nicht traktieret werden, „und derjenige, welcher dawider handelt, soll 600 Dukaten zur Invaliden Casse geben und der General-Auditeur soll sorgen, daß das Geld bezahlet wird.”

Der General-Auditeur hatte überhaupt die Aufgabe, die für manche Vergehen festgesetzte Geldstrafe einzuziehen und das mag ihm oft schwer genug geworden sein, denn wo nichts ist, hat bekanntlich selbst der König das Recht verloren. Die Gagen, die bezahlt wurden, waren nur gering und die monatlichen festen Abzüge waren eher größer als kleiner im Vergleich mit heute. Ein Cpitaine bekam im Monat bar ausgezahlt nur 46 Thaler, 23 Groschen, 8 Pfennig. „Hiervon aber muß der Capitaine,” wie eine Anmerkung besagt, „das Gewehr, Säbel und Bajonets, im Stande halten und alle Unkosten, welche bey der Compagnie vorfallen, bezahlen.”

Ein Oberleutnant, der heutzutage ein pensionsfähiges Einkommen von ungefähr 2500 Mark hat, bezog damals alles in allem im Monat 15 Thaler, von denen er bar 9 Thaler und 5 Pfennig ausbezahlt erhielt; ein Sekondeleutnant brachte es nur auf 6 Thaler, 6 Groschen, 5 Pfennig, ebensoviel bekam der Fähnrich.

Bei diesem Einkommen blieb es natürlich nicht aus, daß Schulden gemacht wurden — davon will der König aber gar nichts wissen: „denn ein Subalterne Officir, welcher keine Mittel von Hause hat, so leben muß, daß er mit seinem Tractament auskommen kann; hat aber ein Officir Mittel von Hause, als dann er auch nicht nöthig hat, Schulden zu machen.” Wenn die Offiziere Schulden machten, „so sollen Selbige in Arrest gesteckt werden und der Commandeur soll es an Se. Majestät melden” und „die Subalternes Officirs sollen so lange auf der Hauptwache in Arrest bleiben und ihre Dienste dabey thun, bis sie ihre Schulden bezahlet haben.”

Wurden die Schulden bezahlt, so floß das Geld in die Armeekasse, der „Schuld-Mann,” d. i. derjenige, der den Offizieren Geld geliehen hatte, bekam den Betrag nichtzurückbezahlt, sondern wurde dafür, daß er geborgt hatte, bestraft.

„Absonderlich kein Officir über 8 Rthlr. werth Schulden machen muß.” wer in diesen Grenzen sündigte, konnte auf die Gande des Königs hoffen, aber wer mehr Schulden machte — der flog und bekam seinen Abschied.

Auch über die Bekleidung giebt das Reglement genaue Auskunft: „Die Ober-Officirs sollen alle Jahre eine neue Mundirung (Uniform) sich machen lassen, und die Mundirung soll gemachet werden auch nicht mehr oder weniger kosten, wie in der Designation im Mundirungs-Reglement gesetztet ist.”

„Wenn die Officirs außer der Mundirung noch ein schlecht Camisol und Hosen sich machen lassen wollen, um solches ausser Dienst zum Mundirungs-Rock zu tragen, soll es zwar jedem Officir erlaubet seyn. Solche Camisoles und Hosen aber von keyner anderen Farbe als wie die Mundirung bey dem Regiment ist, gemacht werden sollen.”

Die Offiziere mußten „égales Stiefeletten mit Meßinjen Knöpfen und weissen Leinwandschen Knie-Riemen, auch gelblederne Handschuh sich anschaffen, und allezeit im Dienst, auch wenn sie auf der Strasse gehen, mit weissen Stiefeletten und geldledernen Handschuhen dahergehen.”

Den Stabsoffizieren sollte bei schlechtem Wetter erlaubt sein, „Stieffeln anzuziehen.”

Die Bestimmung des alten Reglements hat sich noch bis vor wenigen Jahren gehalten — erst unser jetziger Kaiser führte die Stiefeln, das sind die hohen Stiefeln, für die Offiziere in der Armee ein. Bis dahin mußten die Offiziere selbst bei dem schlechtesten Wetter mit langen Hosen gehen. Hohe Stiefel galten für „unfein”.

Zweimal im Jahr wurden für jeden Unteroffizier und Gemeinen neue Haarbänder angeschafft, „und zu einem Haarband werden laut Probe 5 Ellen gebrauchet. Der Haarband soll in Potsdam genommen werden und die Elle Haarband kostet 8 Pfennig.”

„Die Officirs sollen allezeit die Haare oder Perruque mit einem Bande eingeflochten haben und es soll kein Officir, wenn er seine Haare tragen kann, eine Perruque aufsetzen; Wenn aber ein Officir nothwendig eine Perruque tragen muß, alsdann eine solche gantz dünne und kurtz gemacht seyn muß.”

Der Zopf war bekanntlich die Hauptsache und das Wichtigste in der Armee — erst als man sich entschloß, den Zopf abzuschneiden, kam ein neuer Geist, ein neues Leben in die Armee hinein.


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